AGILITA
Die AGILITA wurde 2002 von Urs Bähler und Sandra Völler in Regensdorf ZH gegründet und entwickelte sich in den vergangenen fünf Jahren zum führenden Schweizer SAP Cloud Beratungsunternehmen. Mit Standorten in Zürich und Bern und unter der Geschäftsführung von Sandra Völler und Kurt Spichiger beschäftigt AGILITA rund 200 Mitarbeitende. 2023 eröffnete das Unternehmen mit Berlin seinen ersten Sitz im Ausland, 2024 folgte mit Mannheim eine weitere Vertretung in Deutschland. Die Kunden der AGILITA kommen insbesondere aus den Bereichen Manufacturing, Dienstleistung, Handel, Energieversorgung, Public Services sowie Life Science. Ihnen wird Beratung auf den Plattformen Public Cloud, Private Cloud und SAP BTP angeboten, sowohl in Form von Projektdienstleistungen, als auch als Support- und Betriebs-Unterstützung.
Mario Kaufmann: Herr Bähler, zusammen mit Sandra Völler haben Sie in den vergangenen 22 Jahren mit AGILITA einen der grössten Schweizer SAP-Dienstleister erschaffen. Zum Verständnis für die Leser, die Sie allenfalls noch nicht kennen: Wie positioniert sich Ihr Unter- nehmen am Markt?
Urs Bähler: Tatsächlich sind wir unter den verbliebenen, nicht bereits aufgekauften Schweizer SAP- Beratungshäusern mit 200 Mitarbeitern das grösste, welches unabhängig und eigentümergeführt ist. Wir sind 2002 gegründet und haben uns immer klar fokussiert: Die Kunden und die Mitarbeiter stehen bei uns im Zentrum. Ein weiterer Fokus: Abstimmung von Marktsegment und Dienstleistungsangebot. Diese Kombination hat es uns immer schon ermöglicht, in innovativen SAP-Themen Early Adopter und Early Consultant zu sein. So auch im SAP Cloud Business, wo wir sehr früh schon mit der SAP ByD- Lösung einen umfangreichen Projekt- und Lösungs- erfahrungsschatz aufgebaut haben.
Mario Kaufmann: Wo orten Sie Ihre USPs für Ihre bestehenden und potentiellen Kunden?
Urs Bähler: Heute stehen wir an der Spitze der SAP-Cloud-Dienstleister; wir sind sowohl in den SAP RISE- als auch in den SAP-GROW-Projekten der führende Schweizer SAP- Partner. AGILITA hat von der SAP AG im Juli 2024 den SAP MEE Award for Partner Excellence 2024 für GROW with SAP entgegennehmen dürfen. Auch den «Net New Name»- Award in MEE (Mittel- und Osteuropa) hat die AGILITA AG von der SAP AG verliehen erhalten. Das bedeutet, dass wir die grösste Anzahl an Neukunden ohne SAP-Erfahrung gewinnen konnten.
Als prominenter Branchenvertreter der Schweizer SAP- Dienstleister: Wie waren die vergangenen Jahre für Ihr Unternehmen und die SAP-Beratungsbranche? (Covid, Marktveränderungen, Wettbewerb, Firmenwachstum)
Covid hat grosse und konkrete Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir in unseren Projekten mit den Kunden
zusammenarbeiten. Wie in vielen Branchen und Tätig- keiten sind die Auswirkungen von Homeoffice bis heute zu spüren. Die grösste Veränderung brachte für uns mit Sicherheit das Cloud- Geschäft. Da wir hier sehr früh dabei waren, konnten wir unser Team ausbauen und sowohl im Public Cloud als auch im Private-Cloud-Geschäft unsere Erfahrungen und Referenzen kontinuierlich aufbauen. Unser Unternehmen hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht.
Nicht nur die AGILITA konnte in dieser Phase enorm wachsen, auch Ihre Marktbewerber. Zahlreiche S/4-Transformationen, Neueinführungen und die abtretende Baby-boomer-Generation: Wie haben Sie dem zugespitzten Fachkräftemangel getrotzt?
AGILITA setzt auf langfristige Beziehungen – sowohl im Kundenumfeld als auch, was die Mitarbeiter anbelangt. Mit den aufgebauten Referenzen haben wir für die Zukunft eine hervorragende Ausgangslage. Wir verfügen über sehr erfahrene SAP-BeraterInnen, die nun zusätz- lich über das begehrte Cloud-Wissen durch die zahlreichen Implementierungen verfügen. Wir glauben, dass es für neue Kollegen und Kolleginnen sehr wichtig ist, einerseits die persönliche und individuelle Zukunfts- perspektive zu verstehen und für sich abschätzen zu können und andererseits Teil eines eingespielten, erfah- renen Teams zu werden.
Mangelns Initiativen an den Schweizer Unis (vergleichs- weise zu Deutschland) kümmern sich grössere Schweizer SAP-Dienstleister heute um ihren eigenen SAP-Nach- wuchs. Welche Erfahrung haben Sie mit Ihrem eigenen Academy-Programm gemacht?
Wir betreiben unsere AGILITA Academy bereits vier Jahre mit sehr grossem Erfolg. Die Schweiz bietet mit der Informatikmittelschule und den eidgenössischen Abschlüssen ein sehr gutes Konzept für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wir sind ein grosser Verfechter dieses dualen Bildungssystems. Ich schätze vor allem das Wir- Gefühl, welches wir mit unserer Academy erzeugen, und ich freue mich zu sehen, wie sich die jungen Menschen entwickeln. Jedes Jahr bilden wir so rund sechs junge Berufseinsteiger aus. Zudem bieten und ermöglichen wir mit unserer AGILITA Masterclass erfahrenen Ein- und Umsteigern eine entsprechende Ausbildung.
AGILITA ist mittlerweile nicht nur stark im Thema Cloud verankert, sondern auch im On-Prem-lastigen Public- Umfeld. Ein Widerspruch? Wie reagieren Ihre Kunden der öffentlichen Hand auf die Cloud-Offensive der SAP SE? Wo sehen Sie Lösungsansätze?
Die Lehre aus den letzten SAP-Generationen und -Produkten lässt sich auf die Aussage „Keep your core clean“ und den Einsatz der BTP (Business Technology Platform) zusammenfassen. Viele Kunden haben in der Vergangenheit ihre individuelle, perfekte Prozess- und Funktionslandschaft entwickelt.
Mit dem Resultat, dass Betrieb und Wartung teilweise sehr schwerfällig und teuer geworden sind. Mit dem «Sauberhalten» der Kern- applikationen wird nun die Releasefähigkeit gewahrt, mit dem Einsatz der BTP die Flexibilität. Was die Archi- tektur und die Technologie angeht, werden viele Möglichkeiten zur Verfügung stehen, also auch Kombinationen bzw. hybride Landschaften. Es ist ein Vorteil, weil Kunden so – abgestimmt auf ihre strategischen und operativen Bedürfnisse – skalieren und den Business- anforderungen gerecht werdende Lösungen einsetzen können. Ich sehe soweit keine Widersprüche oder Nach- teile für Kunden der öffentlichen Verwaltung.
Gemäss einer Umfrage der IG SAP CH von Mitte 2023 verstehen über die Hälfte der SAP-Kunden weder Preisliste noch Produktestrategie der SAP SE. Die Kluft zwischen den Individualanforderungen der Schweizer SAP-Kunden und der Cloud-Only-Strategie von SAP scheint immer grösser zu werden. Wie ist Ihre Sicht der Dinge?
Mit den Paketen «RISE with SAP» und «GROW with SAP» hat die SAP AG aus unserer Sicht klare Strukturen bei den Produkten wie auch auf der Preisliste geschaffen. Während RISE vor allem für Unternehmen gedacht ist, die ein hohes Mass an Flexibilität aus Vorgängersystemen mitnehmen wollen, ist GROW das SaaS-Produkt der SAP. Es ermöglicht, aus über 700 Best-Practices- Funktionali- täten das Beste aus über fünfzig Jahren SAP-Expertise auf dem ERP-Markt auszuwählen. Damit gibt es für jeden Kunden das passende SAP-Cloud-Angebot und damit eine gesicherte Weiterentwicklung der SAP-Landschaft.
SAP-CEO Christian Klein hat vor wenigen Monaten an der SAPPHIRE nichts anderes angekündigt, als die Vorherrschaft in Generativer KI für ERP Business zu erlangen. Sie waren vor Ort und konnten sich ein detail- lierteres Bild der SAP-Strategie der kommenden Jahre machen. Ist das nicht ein etwas zu mutiger Anspruch? Und: Kann SAP überhaupt AI?
SAP ist das prädestinierteste Unternehmen, um eine führende Rolle im Generativen AI ERP Business-Markt zu erlangen. Stellen Sie sich die Vielzahl der Prozesse und Daten vor, die heute bereits in all den SAP-Systemen weltweit funktionieren.
Wie gross wird der Impact von SAPs AI für die User sein?
Der SAP-eigene AI-Assistent Joule wird bei der AI-Befähigung den Lead übernehmen: Bis Ende dieses Jahres will die SAP über 100 AI-Anwendungsfälle haben, und 80 Prozent der am häufigsten verwendeten Aufgaben werden von Joule übernommen, um den über 300 Millionen Endbenutzern zu helfen, ihre Arbeit 20 Prozent produktiver und mit höherer Qualität zu erledigen.
KI wird wohl nicht für alle aktuellen SAP-Plattformen relevant sein?
Profitieren von den AI-Innovationen werden in erster Linie die SAP-Cloud-ERP-Kunden.
Mario Kaufmann: Der Weg von einer teilweise «halluzinierenden» Anwendung wie ChatGPT bis zur ernsthaften und vertrauensvollen Lösung für Geschäftskunden scheint noch weit. Wo setzt die SAP konkret an, und wie sehen konkrete Initia- tiven und die Roadmap der SAP hierzu aus?
Urs Bähler: Die SAP SE wird im Zusammenhang mit GenAI Business ERP mehrere Partnerschaften mit den grössten Tech- Firmen massgeblich ausbauen.
Die Assistenten SAP Joule und Microsoft Copilot werden eng integriert und verknüpfen Anwendungen von SAP und Microsoft.
Auf allen iOS-Geräten von Apple wird SAP Joule verfügbar sein, bis hin zur Apple Watch.
Um Kunden noch einfacher zu ermöglichen, RISE with SAP auf AWS einzuführen, wird auch die Zusammen- arbeit mit Amazon Web Services (AWS) verstärkt. Übrigens unterstützt die SAP SE Amazon auf ihrem eigenen Transformationsweg, indem sie RISE with SAP für zukunftsweisende Bereiche – wie etwa Project Kuiper, Amazons Satelliteninitiative zur Verbesserung des globalen Breitbandzugangs, – einführt.
Für die Beschleunigung generativer AI entwickeln SAP und NVIDIA gemeinsam Funktionen innerhalb von Joule.
Damit sind die grossen Tech-Companies allesamt auch SAP-Partner und bestätigen, selbst auch SAP-Kunden zusein.
Mario Kaufmann: Gibt es erste nennbare Use Cases bei SAP-Kunden?
Urs Bähler: Mehrere. Pirelli hat beispielsweise eine innovative Lösung entwickelt, bei der Sensoren in Reifen Daten wie Druck und Temperatur an die Cloud senden. Mithilfe von SAP Leonardo IoT und der Cloud-Architektur von Deloitte kann Pirelli diese Daten nutzen, um die Sicherheit und Effizienz im Flottenmanagement zu verbessern. Weitere interes- sante Use Cases gibt es beispielsweise bei Delta Airlines im Talent Management oder bei Accenture in deren Beschaffungsprozessen. Wir sind selbst bereits Anwender der SAP-AI Joule und sind mittendrin, bei unserem Kunden Joule global einzusetzen.
Welche Unternehmensbereiche werden als erstes von der SAP AI profitieren?
Meiner Einschätzung nach werden die Bereiche Rechnungswesen, Human Ressources und CRM als erstes mit Generativen AI-Funktionalitäten ausgebaut werden. Ich erwarte eine Vereinfachung der Anwendungslandschaft und des intelligenten Supports im gesamten SAP-System. Damit, glaube ich, kann ein Unternehmen bessere Effektivität und Effizienz im Rahmen von 25 bis 30 Prozent zu den heutigen Aufwendungen erreichen.
SAP war vor S/4 und dem Fiori-Zeitalter nicht gerade für ihre Benutzerfreundlichkeit bekannt. Welche Auswirkungen wird Joule auf das User Interface haben?
Ich kann mich noch gut erinnern, als Hasso Plattner vor knapp zehn Jahren die Strategie «anytime, anywhere, any device» propagierte. So wird der Anwender mit AI noch mehr bei der Systembedienung unterstützt werden als früher. Die Kombination aus AI-unterstützten Abläufen, Automatisierung und No-Code-Umgebung ist in Griffweite und wird grosse Veränderungen, vor allem grosse Verbes- serungen, für die Anwender bringen.
Wenn Sie eine Glaskugel hätten: Wie weit wird sich der hiesige Marktanteil von SAP aufgrund der zahlreichen Initiativen durch AI oder Cloud, gerade auch in Bezug auf die Relevanz für KMUs, in den kommenden Jahren verändern?
Global sind es heute bereits 92 Prozent der wertschöpfenden Prozesse, die mit SAP abgewickelt werden. Eine unglaubliche Verantwortung, die SAP trägt, aber auch eine grosse Chance für unsere Kunden, davon zu profitieren. Die aktuellen Resultate der SAP zeigen, dass die SAP SE auf dem richtigen Weg ist. Ich gehe davon aus, dass sich der aktuelle Trend in die Cloud fortsetzen wird und es vor allem im Bereich ERP immer weiter Richtung modulares ERP (composable ERP) gehen wird. So werden unsere Kunden und die SAP-Partner noch autonomer operieren können.
Vielen Dank für diese spannenden Einblicke in die Zukunft von SAP. Lassen Sie uns zum Abschluss nochmal auf Ihr Unternehmen zurückkommen. Im vergangenen Jahr 2023 kündigten Sie mit Agilita Berlin Ihre erste Auslandsexpansion an. Hierzulande sind wir eher aus Expansionen aus Deutschland heraus gewohnt. Zwischenzeitlich aber haben Sie sogar noch einen Standort in Mannheim eröffnet. Die Geschäfte scheinen in Deutschland bestens angelaufen zu sein, in «no-time» sogar. Wie kommt’s?
Ja, da muss ich schmunzeln, in der Tat ist der Weg aus Deutschland in die Schweiz wohl der Meistgewählte. Mit dem Entscheid, unser Geschäft nach Deutschland auszuweiten, haben wir uns auch überlegt, was für AGILITA in Deutschland der erfolgversprechendste Weg ist. Aus diesem Grund haben wir uns ausschliesslich auf die SAP- S/4-Public-Cloud-Lösung in Kombination mit BTP konzen- triert. In diesem Markt gibt es viel Potential. Ja, und was soll ich sagen: Der Plan geht auf! Wir haben so schnell und einfach in den Markt gefunden und freuen uns auf das Wachstum aus Deutschland. Wir haben gerade nach einer Implementationszeit von neun Monaten unseren ersten Kunden live gesetzt.
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