«Die nachhaltige Transformation der Wirtschaft: Aufbruch oder Stagnation?» mit diesen Worten startet der Sustainability Transformation Monitor 2025 (STM25), der den Stand der Nachhaltigkeitstransformation in der deutschen Wirtschaft untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass immer mehr Unternehmen interne Strukturen schaffen, um nachhaltige Prozesse zu fördern und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Viele Unternehmen sind «ready», aber insbesondere mittelständische Unternehmen sehen in der Berichtspflicht auch mit hohem Aufwand verbunden. Mangelnde Ressourcen und eingeschränkte Datenverfügbarkeit sind gemäss Studie die grössten Hemmnisse für die nachhaltige Transformation.
Unklar ist auch, wie das zukünftige Engagement von Unternehmen, die möglicherweise doch nicht unter die CSRD fallen, aber ihren Weg schon begonnen haben, aussieht. Sie müssen die Entwicklung des EU-Omnibus-Vorschlags gut beobachten und jetzt das Beste aus der «Nebelphase» machen.
Was ist der der aktuelle Stand beim Omnibusverfahren [Stand Mai 2025]?
Wer sich mit Nachhaltigkeitsberichtserstattung beschäftigt, hat das Wort «Omnibus» sicherlich neu im Wortschatz aufgenommen. Omnibus in diesem Kontext bedeutet «alles umfassend» und steht in diesem Zusammenhang für die Bündelung und Vereinfachung verschiedener Gesetzesänderungen in einem gemeinsamen Verfahren.
Das Omnibusverfahren der EU zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten (insbesondere CSRD, CSDDD und EU-Taxonomie) ist im Frühjahr 2025 in eine entscheidende Phase eingetreten. Nachfolgend die wichtigsten Entwicklungen und der aktuelle Stand:
- Am 26. Februar 2025 hat die EU-Kommission einen umfassenden Omnibus-Vorschlag vorgestellt. Ziel ist es, die Berichtspflichten für Unternehmen deutlich zu vereinfachen, den Anwenderkreis stark zu begrenzen und Fristen zu verschieben.
- Der Vorschlag sieht eine drastische Reduzierung der Berichtspflichtigen vor. Künftig sollen nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und mindestens 50 Mio. € Umsatz unter die CSRD-Berichtspflicht fallen. Das entspricht einer Reduzierung um etwa 80 % der bislang verpflichteten Unternehmen.
- Neben den inhaltlichen Vorschlägen hat die EU am 16. April 2025 die Richtlinie (EU) 2025/794 zur sog. «Stop-the-Clock»-Regelung im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die EU-Mitgliedstaaten haben nun Zeit die EU-Richtlinie bis zum 31. Dezember 2025 in nationales Recht umzusetzen. Das bedeutet für Unternehmen der zweiten und dritten Umsetzungswelle eine Verschiebung der Berichtspflicht um teilweise bis zu zwei Jahren. Was das genau heisst, haben wir in diesem Blogbeitrag beschrieben.
Das sind die wesentlichen inhaltlichen Änderungsvorschläge für die ESRS im Überblick:
Der Anwendungskreis soll drastisch verkleinert werden. Das bedeutet Unternehmen > 1.000 Mitarbeitende (bislang: > 250 Mitarbeiter) (Kriterium 1) und zusätzlich (Kriterium 2) > 50 Mio. € Umsatz ODER > 25 Mio. € Bilanzsumme. Aus der Berichtspflicht fallen damit Unternehmen > 250 Mitarbeiter und kleiner > 1.000 Mitarbeiter.
- Für Drittstaaten soll gelten: > 450 Mio. € Umsatz (bislang 150 Mio. € Umsatz) UND «Grosses Unternehmen gemäss EU-Bilanzrichtlinie (Umsatz: 50 Mio. €, Bilanzsumme: 25 Mio. €., 250 Mitarbeiter)» ODER EU-Zweigniederlassung mit Nettoumsatzerlösen > 50 Mio. €. Das Kriterium der 1.000 Mitarbeitenden soll bei für Drittstaaten nicht gelten.
- Streichung der sektorspezifischen Berichtsstandards: Unternehmen müssen nicht mehr nach branchenspezifischen Vorgaben berichten.
- Reduzierung und Vereinfachung der Datenpunkte. Fokus auf quantitative Datenpunkte.
- Begrenzung der Prüfung auf limited assurance.
- Trickle-down-Effekt in die Lieferketten soll durch neues Value Chain Cap (nur gewisse Informationen dürfen bei Lieferanten abgefragt werden) begrenzt werden. Es ist angedacht, den freiwilligen KMU-Standard in Orientierung an ESRS (den VSME, Voluntary Sustainability Reporting Standard for Small and Medium-Sized Enterprises) als Orientierung zu verwenden.
Das sind die wesentlichen inhaltlichen Änderungsvorschläge bei der EU-Taxonomie:
- Verpflichtend für Unternehmen
- > 1.000 Mitarbeiter
- > 450 Mio. € Umsatz
- Opt-in für Unternehmen < 450 Mio. € Umsatz, sofern Claims bezüglich Nachhaltigkeitsquoten gemacht werden, inkl. Erleichterungen.
- Einführung einer Wesentlichkeitsschwelle; erst ab einer 10%-Schwelle Umsatz/CapEx/OpEx soll die Berichtspflicht greifen.
- OpEx-Angaben werden freiwillig, wenn < 25 % an Gesamt-Umsatzerlösen.
- DNSH-Kriterien (do no significant harm) werden überarbeitet und vereinfacht.
- Vereinfachung der Reporting-Templates (weniger Datenpunkte nötig).
- Erleichterung bei Green Asset Ratio für Finanzinstitute
Was können Unternehmen jetzt tun?
«Stop the clock» ist entschieden, aber erst Ende 2025 ist mit einem Entscheid der EU-Kommission zu den inhaltlichen Vorschlägen (Scope Berichtspflicht, ESRS-Überarbeitungen EFRAG) zu rechnen. Ein finaler und fixfertiger ESRS-Standard ist erst Mitte 2026 zu erwarten.
Wichtig ist nun, die Zeit richtig zu nutzen. Die weiteren Schritte für ein Unternehmen hängen auch davon ab,
- wie viele Mitarbeitende das Unternehmen hat
- wo das Unternehmen aktuell steht und
- welche Ambition es hat.
Wichtig zu wissen ist, eine «Best Practice» Anleitung gibt es nicht. Da die Berichtspflicht aber nicht wegfällt – auch nicht für Schweizer Unternehmen, ist es wichtig zu überlegen, wie man jetzt durch die «Nebelphase» navigiert. Es geht darum weiterzumachen unter inhaltlicher Unsicherheit, insbesondere bei Unternehmen in der EU mit mehr als 1000 Mitarbeitenden.
Bei Unternehmen mit weniger als 1000 Mitarbeitenden ist die Berichtspflicht unsicher. Die Schwelle von 750 Mitarbeitenden wird vereinzelt in der Diskussion als theoretischer Kompromiss erwähnt, sollte es im Gesetzgebungsverfahren zu Verhandlungen zwischen Parlament und Rat kommen.
Tipp für Unternehmen, die mehr als 1.000 Mitarbeitenden, einer Bilanzsumme von mindestens 25 Mio. Euro oder einem Umsatz von über 50 Mio. Euro (nach Omnibus-Vorschlag berichtspflichtig):
- Definieren wie und mit welchem Anspruch man weitermachen will, auch wenn die künftigen ESRS-Inhalte noch nicht klar sind.
- Stellen Sie sich die Frage, wo es sich ggf. lohnt weniger Energie zu investieren.
- Stellen Sie sich die Frage, wo es Nachholbedarf gibt und wo es mehr Tempo und Konsistenz braucht.
Tipp für Unternehmen mit 250-1000 Mitarbeitenden:
Sie sollten sich fragen, wie die Phase der Unsicherheit zu gestalten ist, bis klar ist, ob Sie berichtspflichtig werden. Es gilt zu überlegen welcher Weg eingeschlagen werden soll, wenn die Pflicht wegfällt.
- Gibt es Stakeholder, die dennoch bestimmte nicht-finanzielle Information nachfragen?
- Wie relevant sind diese Stakeholder und welche Informationen wünschen sie sich zukünftig?
- Welcher freiwillige Standard wäre für das Unternehmen passend? AGILITA hat sich z.B. für GWÖ entschieden. Aber ist vielleicht der VSME oder eine freiwillige Orientierung den ESRS die bessere Wahl? Hier kommt es auch darauf an, was vielleicht in der Branche etabliert ist.
Der VSME-Standard (Voluntary Sustainability Reporting Standard for Small and Medium-Sized Enterprises) ist z.B. ein freiwilliger, modular aufgebauter Standard für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), der von der EFRAG im Auftrag der EU-Kommission entwickelt wurde. Er ist für nicht börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit unter 1.000 Mitarbeitenden gedacht, die nicht direkt von der CSRD erfasst werden, ehemals CSRD-pflichtige Unternehmen, die durch den Omnibus-Vorschlag aus der Pflicht fallen, aber weiterhin strukturiert berichten möchten.
Tipp für Schweizer Unternehmen:
Bereits jetzt müssen grössere Unternehmen in der Schweiz, welche über 500 Mitarbeitende, CHF 20 Mio. Bilanzsumme und CHF 40 Mio. Umsatz erzielen, einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen
Der neue Vorschlag der EU besagt, dass Unternehmen aus Drittstaaten, wie z.B. die Schweiz, künftig nur noch dann einen Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD vorlegen, wenn sie > 450 Mio € Umsatz erzielen (bislang 150 Mio € Umsatz) UND «Grosses Unternehmen gemäss EU-Bilanzrichtlinie (Umsatz: 50 Mio €, Bilanzsumme: 25 Mio €., 250 Mitarbeiter)» ODER EU-Zweigniederlassung mit Nettoumsatzerlösen > 50 Mio €. Wenn Sie bereits jetzt wissen, dass Sie berichtspflichtig werden, dann können Sie sich die Fragen in unserem ersten Tipp helfen.
Generell gilt Abwarten, aber vorbereitet bleiben. Da die Gesetzesänderung noch nicht endgültig verabschiedet ist, sollten Unternehmen die Entwicklungen aufmerksam verfolgen und ihre internen Nachhaltigkeitsprozesse nicht komplett einstellen, sondern in Bereitschaft halten.
Es ist zu erwarten, dass sich die Schweizer Gesetzgebung an der EU orientiert. Schweizer Unternehmen mit engen Geschäftsbeziehungen zur EU – insbesondere börsenkotierte Firmen oder solche mit grossen EU-Kunden – müssten sich an die (vereinfachten) EU-Berichtspflichten anpassen, um weiterhin als verlässliche Partner zu gelten.
In der Medienmitteilung vom 21. März 2025 bekräftigt der Bundesrat seine Absicht, das Schweizer Recht an internationale Standards anzupassen. Angesichts der jüngsten gesetzgeberischen Entwicklungen in der EU müssen Schweizer Unternehmen jedoch noch abwarten, wie es mit dem Revisionsentwurf zu Art. 964a ff. OR weitergeht. Der Bundesrat hat sich eine Frist bis Frühjahr 2026 gesetzt, um über das weitere Vorgehen bezüglich des Vorentwurfs zu entscheiden.
Vorbereitungen nicht komplett stoppen. Unternehmen, die bereits mit der Nachhaltigkeits-berichterstattung begonnen haben, sollten die laufenden Projekte nicht abrupt abbrechen, sondern ggf. auf Sparflamme weiterführen, bis Rechtssicherheit besteht. Nutzen Sie die Phase, um sich mit den Daten auseinanderzusetzen. In den meisten Fällen sind Datenverfügbarkeit und -qualität die grössten Herausforderungen, die nicht nur für die einen Nachhaltigkeitsberichts relevant sind, sondern auch im Hinblick auf weitere Anforderungen wie z.B. den Digitalen Produktpass (DPP), der ab Januar 2027 für die ersten Produktgruppen in der EU verpflichtend eingeführt wird und für Schweizer Unternehmen, die Produkte in die EU exportieren oder Teil von EU-Lieferketten sind, ab 2027 zu erfüllen ist.
Wertschöpfungskette beobachten. Auch wenn Sie selbst nicht mehr berichtspflichtig wären, könnten grössere Geschäftspartner weiterhin Nachhaltigkeitsdaten anfordern, um ihre eigene Berichtspflicht zu erfüllen. Die Omnibus-Initiative will diesen «Weitergabedruck» zwar reduzieren, aber ein gewisser Informationsbedarf bleibt bestehen.
Freiwillige Berichterstattung abwägen. Prüfen Sie, ob eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung strategisch sinnvoll sein könnte, etwa zur Positionierung am Markt oder zur Erfüllung von Kundenanforderungen.
Die künftigen EU-Vorgaben zur Berichterstattung sind noch nicht final – doch wer jetzt zu lange abwartet, verliert wertvolle Zeit. Unternehmen, die frühzeitig mit der Erfassung und Bewertung ihrer Emissionen oder andere Kennzahlen beginnen, sichern sich nicht nur strategische Vorteile, sondern vermeiden auch operative Hektik, wenn die Vorschriften greifen.
Autorin:
Dr. Verena Berger, Sustainability Consultant

Verwendete Quellen:
- https://cdbf.ch/de/1410/
- https://csr-tools.com/blog/nachhaltigkeitsberichterstattung/csrd-omnibus-was-der-eu-vorschlag-fuer-unternehmen-bedeutet/
- https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_25_615
- https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_614
- https://www.efrag.org/sites/default/files/sites/webpublishing/SiteAssets/VSME%20Standard.pdf